Geschrieben von Jessica Seifert am 8. März 2021
Montag, 8. März, Internationaler Frauentag – ein Tag, ehemals geschaffen, die Gleichberechtigung und die Emanzipation der Arbeiterinnen zu fördern und zu feiern. Damit ist er ein jährlicher Anlass, auf die berufliche Situation von Frauen zu blicken.
Ich arbeite als Frau in einem Männerberuf. Obwohl die Absolventen im Jura Studium zu ca. 50 Prozent Frauen sind, und sie tendenziell die besseren Examensnoten erreichen, finden sich hinterher im Anwaltsberuf aktuell ca. nur 33 Prozent Frauen wieder – Tendenz allerdings steigend.
2017 gab es laut Deutschem Anwaltverein erstmals mehr Anwaltszulassungen von Frauen als von Männern. Schaut man in die Vorstandsetagen der großen Konzerne, zeichnet sich ein ähnliches Bild. Der Anteil der Frauen in den Führungsgremien ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Auch in der jetzigen Krisensituation steigen die Zahlen stetig weiter.
So finden sich in den Vorstandsetagen in den USA (28,6 Prozent) oder Großbritannien (24,5 Prozent) und Schweden (24,9 Prozent) rund ein Viertel Frauen, die qualifiziert und motiviert die Geschicke der Konzerne mitlenken.
Gut ausgebildete Frauen sind also weltweit auf dem Vormarsch. Weltweit? Also überall? Tatsächlich nicht. Laut einer neuen Studie der „AllBright“-Stiftung sinken die Zahlen der weiblichen Mitglieder in Vorständen von DAX Konzernen kontinuierlich, sodass sie zuletzt den niedrigen Stand von 2017 von nur 12,8 Prozent wieder erreicht haben.
Warum die positive Entwicklung der Frauenanteile an den Führungsriegen in Wirtschaftskonzernen rund herum um Deutschland weiterhin ansteigt, in Deutschland aber grade in der Krise wieder rückläufig ist, kann nur vermutet werden. Wahrschielich liegt es an dem konservativen Hang in der Krise auf altbewährtes und damit ausschließlich auf Männer zu setze, lässt die Studie schließen.
Aber warum ausgerechnet in Deutschland und nirgendwo sonst? 97 Prozent der amerikanischen und 87 Prozent der französischen Großunternehmen haben mehrere Frauen im Vorstand. In Deutschland trifft dies nur auf vier DAX-Unternehmen zu: Allianz, Daimler, Deutsche Telekom und Fresenius Medical Care.
Dabei ist zu beobachten, dass immer mehr gutausgebildete Frauen in diese Positionen streben und es an Nachwuchs auch in Deutschland nicht fehlt. Was führt dennoch dazu, dass so wenige Frauen speziell in deutschen Vorständen Fuß fassen?
Ein Gedanke, der einem Mann vermutlich nie käme. Häufig achten Frauen auch nicht auf ihr Äußeres Auftreten und die Notwendigkeit, in Männerkreisen eben auch durch ihr Verhalten klar zu machen, dass sie mithalten können. Damit meine ich nicht, dass sich alle Frauen männlich geben sollen – gerade nicht. Aber ich muss die Verhaltensmuster kennen und dominantes Auftreten erkennen und parieren können.
Ich bin der festen Überzeugung, dass man auch als weibliche Frau überzeugend sein und Karriere machen kann. Frau muss sich nur darüber klar sein, dass sie nicht perfekt sein und auch nicht von jedem gemocht werden muss, um ernst genommen zu werden. Man muss überzeugend vertreten, was man selber erreichen will.
Aber Frauen werden auch immer noch nicht dazu erzogen, sich selber in den Mittelpunkt zu stellen und für ihr eigenes Talent Werbung zu machen. Um Erfolg zu haben, muss man aber gewillt sein, in den Fokus der Konkurrenten zu rücken und sich dort eben auch zu behaupten.
Diesen Weg muss niemand alleine gehen – einen großen Vorteil haben hier die Männer wegen ihrer Netzwerke. Nur wenn wir Frauen auch konsequent anfangen zu Netzwerken und die Mitglieder unseres Netzwerkes konsequent zu fördern, statt uns gegenseitig auszubremsen, kann es Frauen gelingen, den Erfolg der Männer einzuholen.
Denn werde ich gefragt, ob ich jemanden für ein spezielles Fachgebiet kenne und habe in meinem (weiblichen) Netzwerk jemand geeignetes, werde ich diejenige weiterempfehlen und umgekehrt sie mich auch. So funktioniert das eben ...
Dabei erlebe ich in meiner Praxis leider immer wieder, dass Frauen sich unter Wert verkaufen, weil sie ihre Arbeitsleistung für weniger wertvoll halten, als die von anderen und sich dessen nicht bewusst sind. Hier hilft es sich klar zu machen, dass auch die männlichen Konkurrenten nur mit Wasser kochen und deren Arbeit daher nicht mehr wert ist als die eigene Leistung.
Die Zeiten waren noch nie so positiv für Frauen wie jetzt. Es besteht in allen Bereichen der Gesellschaft und der Wirtschaft die Notwendigkeit umzudenken und die jetzige Krise zu meistern. Und noch nie gab es so viele gut ausgebildete und motivierte Frauen wie heute, die Verantwortung übernehmen wollen. Und es gab noch nie so viele Männer, die Gleichberechtigung ernst nehmen und ihren Anteil dazu beitragen wollen, grade weil viele auch ihre Rollen in den Familien stärker leben wollen.
Das gibt mir die Hoffnung, dass der internationale Frauentag irgendwann nur noch als eine Tradition bestehen könnte, an der daran gedacht wird, dass es einmal üblich war, den Frauen an diesem Tag Blumen zu schenken und wir ihn nicht mehr benötigen, um daran zu erinnern, dass Frauen gleichberechtigt sind – in allen gesellschaftlichen Bereichen.